Für die meisten Damenschnittmuster wird bei der Konstruktion im Brustbereich aufgrund der zu Grunde liegenden Maßtabellen von einem B-Körbchen ausgegangen, d.h. das Maß, das Du in der Maßtabelle für die Oberweite findest, bezieht sich auf Frauen mit einem B-Cup oder B-Körbchen.
(Du kennst die Bezeichnung "Körbchen" oder "Cup" wahrscheinlich auch vom BH-Kauf, auch wenn hier meist die Differenz zwischen Brustumfang und Unterbrustumfang gemeint ist. Bei Schnittmustern geht es eher um die Differenz von Brustumfang und Oberbrustumfang).
Bei Frauen mit (im Verhältnis zum restlichen Körper) größeren Brüsten kann das zu Passformproblemen führen. Um diese zu vermeiden, gibt es eine sehr gut anwendbare Möglichkeit der Schnittmuster-Anpassung, die unter dem Namen "FBA" - "Full Bust Adjustment" ("Anpassung für eine große Brust") bekannt ist.
Mit Hilfe dieser Methode kannst Du bei Schnittmustern nur das Vorderteil für Dich anpassen und so die individuell benötigte Mehrweite und Mehrlänge hinzufügen.
Wann ist ein Full Bust Adjustment sinnvoll?
Meist kannst Du schon vor dem Zuschneiden und Nähen erkennen, ob Du das Schnittmuster anpassen solltest. Folgende Punkte weisen darauf hin:
Maß nehmen:
Beim "Full Bust Adjustment" geht es nun darum, genau an der für Dich passenden Stelle mehr Weite und Länge in das Vorderteil des Schnittmusters einzufügen.
Dafür musst Du Dich als erstes vermessen. Gemessen wird dabei ohne Kleidung, nur mit Unterwäsche, das Maßband soll nicht gespannt werden. Oft ist es leichter, wenn Dir eine zweite Person beim Messen hilft.
Gemessen werden
der Brustumfang (1): der Umfang auf Höhe der stärksten Stelle der Brust, waagrecht verlaufend
und
der Oberbrustumfang (2): Das Maßband wird wieder gerade über den Rücken geführt, aber unter den Armen nach vorne geführt und ober der Brust zusammengeführt.
Wähle nun die Größe als Ausgangspunkt für Dein angepasstes Schnittmuster, die dem so ermittelten Oberbrustumfang am ehesten entspricht - das ist also eine kleinere Größe als Du laut Brustumfang wählen müsstest.
Jetzt musst Du noch wissen, wieviel Weite Du hinzufügen musst - dafür rechne Brustumfang minus Oberbrustumfang, und teile den Wert dann durch Zwei. (Du halbierst den Wert deshalb, weil das Schnittmuster im Normalfall ja auch nur das halbe Oberteil abbildet und im Stoffbruch gespiegelt oder 2x gegengleich zugeschnitten wird.)
So änderst Du das Papierschnittmuster:
1.)
Zuerst musst Du am Schnittmuster den sogenannten "Brustpunkt" (stärkste Stelle der Brust) markieren.
Miss dafür von der Schulter nach unten bis zur stärksten Stelle der Brust, und außerdem von der Brustspitze waagrecht zur vorderen Mitte. Diese Messungen übertrage auf das Papierschnittmuster. (Alternativ halte das Schnittmuster an Dich an und markiere den Brustpunkt.)
Hat das Schnittmuster schon von vornherein einen Brustabnäher, zeigt die Abnäherspitze zum angenommenen Brustpunkt hin. Diese Stelle entspricht aber oft nicht dem individuellen Brustpunkt. Verschiebe den im Schnittmuster bereits vorhandenen Brustabnäher, indem Du parallel zu den alten Schenkeln neue einzeichnest, die aber in Deinem Brustpunkt enden.
2.)
Zeichne Dir nun folgende Linien am Schnittmuster ein, die Du später aufschneiden wirst:
Linie A: von der Saumlinie bis zum Brustpunkt, parallel zur vorderen Mitte
Linie B: vom Brustpunkt bis zum untersten Drittel des Armausschnitts (den Armausschnitt vorher ausmessen)
Linie C: im rechten Winkel zu A, durch den Brustpunkt, (mittig durch den Abnäher) zur Seitennaht
3.)
Jetzt schneidest Du zuerst Linie A und B auf - wenn Du zum Armloch kommst, schneide das Papier aber nicht ganz durch, an den letzten 2-3 mm bleibt Linie B verbunden.
Linie C wird von der Seitenlinie ausgehend aufgeschnitten, aber ebenfalls nicht ganz, hör ganz kurz vor dem Brustpunkt auf, sodass das Papier wieder auf den letzten Millimetern noch verbunden bleibt.
4.)
Schiebe das Schnittmuster nun um die benötigte Mehrweite (Brustumfang minus Oberbrustumfang, geteilt durch zwei) auseinander, indem Du die Seitenteile zur Seite und nach unten bewegst. Dabei öffnet sich automatisch der (neue) Brustabnäher. Achte darauf, dass die vordere Mitte gerade ausgerichtet ist und beide A-Linien parallel dazu verlaufen.
Dort, wo das Schnittmuster auseinander gezogen wurde, hinterklebe es mit Papier, um die Lücken zu schließen (hellrote Fläche auf der Skizze).
Das Vorderteil ist nun auch länger geworden, die fehlende Länge an der vorderen Mitte musst Du ergänzen. (Wenn das ursprüngliche Schnittmuster keinen geraden Saum hat, ist es besser, ungefähr auf Taillenhöhe eine waagrechte Linie zwischen vorderer Mitte und Linie A einzuzeichnen, hier durchzuschneiden, dieses Stück dann nach unten zu schieben und die fehlende Stelle oberhalb zu ergänzen.)
Nun ist der Umriss des angepassten Schnittmusterteils fertig.
5.)
Zum Schluss musst Du noch den Brustabnäher richtig einzeichnen. Die Spitze des Abnähers sollte 2-3 cm vor dem Brustpunkt enden (überprüfe jetzt am besten noch einmal die Position des Brustpunkts), die Schenkel liegen an der Seitenlinie im selben Abstand auseinander wie beim Abnäher, der sich in Schritt 4.) geöffnet hat.
6.)
Je nach Schnittmuster (z.B. bei einem Kleid, bei dem ein angesetztes Rockteil an die Weite des Oberteils passen muss) möchtest Du vielleicht noch unterhalb der Brust die Weite, die Du vorher zugefügt hast, wieder wegnehmen - Du brauchst die Weite ja nur auf Brusthöhe, nicht an der Taille. Hier gibt es die Möglichkeit, einen Taillenabnäher zu setzen. Zeichne vom Saum eine senkrechte Linie nach oben bis 2-3 cm vor den Brustpunkt, hier ist die Abnäherspitze. Am Saum markiere links und rechts der eben gezeichneten Linie jeweils die Hälfte des Maßes, um das Du das Schnittmuster auseinander geschoben hast und zeichne von diesen Punkten Abnäherschenkel zur Abnäherspitze.
Diese Anleitung hier ist eine Grundanleitung, die Dir helfen soll, das Prinzip zu verstehen. In diesem Blogartikel habe ich noch weitere interessante Links zum Thema FBA für Dich gesammelt.